

Der Begriff Brown-Out wurde der Elektrizitätswirtschaft entlehnt. In der Stromübertragung gibt es kurzzeitige Spannungsabsenkungen, bei dem die Uebertragungsenergie zusammenfällt. Und wenn diese Absenkung andauert, kommts zu einem Blackout. Dann läuft nichts mehr.
Aehnlich verhält es sich auch bei den „Arbeitskräften”, die dem Unternehmen gegen Bezahlung ihre Energie zur Verfügung stellen.
Brown-Out am Arbeitsplatz
Tom arbeitet im Unternehmen als Verkaufsleiter. Er führt ein Dutzend Mitarbeiter. Sein Job ist sehr anspruchsvoll. In der ersten Coaching Session legen wir die Grundthematik frei: Der Arbeitsmarkt für Verkaufsmitarbeiter ist ausgetrocknet. Es ist praktisch unmöglich, erfahrene Aussendienstler zu rekrutieren. Vielmehr muss Tom erfolgsversprechende Kandidaten auswählen und dann in einem 2-jährigen Prozess zu einem guten Verkäufer entwickeln. Nebenbei betreut er das bestehende Team. Und für die Key Accounts ist er auch noch verantwortlich. Die Ziele sind anspruchsvoll, der Markt eher ein Verdrängungsmarkt. Arbeitstage von 12 und mehr Stunden sind an der Tagesordnung.
Und Tom weiss, dass es in diesem Trab weitergeht. Jedes Jahr höhere Ziele, jedes Jahr weitere Zielgrössen, die erreicht werden sollen und die lohnanhängig sind. Der Mutterkonzern versucht schon seit einigen Jahren, die Leine enger zu ziehen und die Mitarbeiter „kürzer“ zu führen. Monatliche Rapportings zur Verkaufsleistung sind inzwischen an der Tagesordnung.
Wie sieht es im Inneren dieses Menschen aus?
Im Gespräch kommt bald die Frage: Wie lange will ich mir das noch antun? Was ist der Sinn dieser Arbeit?
Tom ist gerade daran, seinen Spass, seine Freude, sein Herzblut an seiner Arbeit zu verlieren. Zuviel Fremdbestimmung. Zuviel Druck von aussen. Praktisch kein Spielraum mehr für Eigeninitiative. Diversity Management ist nur noch Makulatur. Der Körper meldet sich auch. Die Batterien lassen sich nicht mehr voll laden.
Tom ist am heiss Laufen. Die Zeit im Hamsterrad fordert viel ab. Er ist nur noch am Funktionieren. Ein Versuch, dieses bei seiner übergeordneten Führungskraft zu thematisieren, bleibt erfolglos. Der Kerl versteht gar nicht, was Tom zu sagen hat. Und das könnte dann in den falschen Hals gelangen. Man könnte Tom als Mimose abstempeln, als jemanden, der in der Überforderung ist. Und so bleibt vorerst alles beim Alten.
Die Prognose
Das Unternehmen wird Tom verlieren. Er wird sich nicht aufraffen können, hier weiter zu machen. Auch der Vorschlag der HR-Dame, einen Kurs in Resilienz zu besuchen, ist ein Schuss in den Wind. Es geht hier nicht um Resilienz.
Tom muss sich selber helfen. Zu Beginn des Coachings tönt es eher nach einer Pattsituation. Doch langsam wird er offen für neue Sichten, für neue Möglichkeiten. Es gibt Unternehmen, die in einem anderen Bewusstsein arbeiten. Das macht Mut. Und Hoffnung. Es finden erste Gespräche mit verantwortungsbewussten Führungskräften statt, die Toms Stärken erkennen und wertschätzen.
In dieser Richtung wird sich der Weg entwickeln, auf dem Tom wandert und sich in eine neue Welt begibt, einer Welt in der er geachtet und geschätzt wird.
Tom – ein Einzelfall? Leider nicht, sondern eher an der Tagesordnung.
Fazit: Es gibt immer eine Lösung in solchen Situationen, Tom muss aber seine Systemgrenzen ausweiten um die Zahl von stimmigen Lösungen zu erhöhen. Und dann kann er wählen und ist nicht mehr in dieser Pattsituation gefangen. Try it out!
Herzlich
Fernando S. Christian