

Seit Jahrhunderten tun wir so, als ob das, was wir sagen, wahr sei. Wenn an etwas nicht zu zweifeln ist, so ist es “objektiv” wahr. Wir nehmen das dann als bare Münze. Und keiner schert sich um diesen Nonsense. Wir spielen Objektivität und sabotieren damit unser Leben.
Ein paar Beispiele gefällig?
- Ein Team macht eine Marktforschung, um das Potential eines Produktes unter den zukünftigen Kunden auszumachen. Und man kann dann sagen, dass es der Wille des Kunden ist. Das ist jedoch ein Fake, wie wir nachher noch sehen werden.
- Soziologen befragen Menschen auf der Strasse oder bei der Arbeit. Die Ergebnisse werden als wissenschaftlich erhoben betrachtet. Die Schlussfolgerungen tragen das Label “wissenschaftlich erhärtet”.
- Ein Institut oder ein Unternehmen veröffentlicht Ratschläge zu Nahrungsmitteln: Eier erhöhen den Cholesterinspiegel. Kaffee ist gut für das Herz. Kaffee ist schädlich für den Körper. Heutzutage kann man eigentlich keiner Aussage trauen, weil sie morgen schon wieder überholt ist, obwohl sie als wissenschaftlich fundiert gilt.
- Dasselbe gilt auch für Erziehungsratschläge von Pädagogen, Ernährungstipps von Ernährungsberatern, Fitnesstips und Gesundheitstipps ganz allgemein.
- In Schulen, Hochschulen oder Universitäten werden Lehrmeinungen unterrichtet, die inzwischen bereits wieder entkräftet wurden. Im heiligen Ernst wird Bullshit unterrichtet, den man oft nur schwer als solchen erkennen kann. Beispiele: Grundsätze zur Unternehmensführung, erfolgreiche Markt-Strategien, die Nationalbanken beten vor, wie sie die Volkswirtschaft mit Schuldenanhäufung ankurbeln können.
Alle diese Beispiele bauen auf dem Prinzip auf, etwas mit Pathos zu vertreten – und dann wird es als bare Münze genommen. Wenn dir das schlecht gelingt, besuchst du einfach ein Präsentationsseminar. Wer von uns erlaubt sich schon, solche “objektiv” gefärbten Aussagen anzuzweifeln und zu hinterfragen?
Objektivität ist eine Illusion – ein Konstrukt des Intellektes
Seit vielen Jahrzehnten wissen unsere Koryphäen aus der Quanten-Physik, dass der Beobachter eines Versuchs das System beeinflusst. Das heisst, sobald ich genau hinschauen will, verhält sich das System entsprechend anders. Und zwar so, wie der Beobachter dies in der Regel auch bezweckt.
Auf das Leben übertragen: Wer eine Umfrage macht, beeinflusst hochgradig das Gespräch mit dem Befragten sowie das Ergebnis. Wer eine Marktforschung macht, versucht unbewusst seine innere Haltung zum Thema einfliessen zu lassen. Wer lehrt, bringt seine eigenen Einstellungen, Haltungen und Werte mit ein, ob er das will oder nicht. Wer eine Sitzung leitet, steuert die Anwesenden sachte in die Richtung, die ihm lieb ist.
Insofern schaffen wir da selbsterfüllende Prophezeiungen, ob wir das wollen oder nicht. Und wir machen das dauernd unter dem Deckmantel der Objektivität. Und die gibt es im Alltag nicht. Ist einfach eine grosse Lüge.
Auswege aus diesem Dilemma
Du und ich, wir sind hier wirklich in einer Falle, wollen wir davon ausgehen, dass es Objektivität gibt. Alles, was gesagt wird, könnte eben auch anders sein. Wem oder was soll man da noch glauben? Manch einer könnte sich hier recht verloren vorkommen.
Die Lösung dieses Dilemmas kann nach meiner Überzeugung dann gelingen, wenn ich aufhöre, die Aussagen von anderen Menschen als richtig anzuerkennen. Ich müsste solche Aussagen mitnehmen und mich innerlich – in einer ruhigen Minute – fragen, was mein Wesen dazu meint:
- Ist das stimmig?
- Fühlt es sich gut an oder ist es zu verwegen?
- Entspricht es meinen Erfahrungen, meinen Werten, meinem Empfinden?
- Kann ich wirklich mit tiefer innerer Überzeugung JA dazu sagen.
Wenn du dies bejahen kannst, ist es für dich richtig, nicht für alle Menschen, nur für dich. Und das ist genug! Dies ist eine enorm wichtige Voraussetzung, wenn du anfangen willst, dein Leben bewusst zu gestalten, beruflich oder privat. Jeder Mensch um dich herum kann dazu etwas sagen, kann dir auch sagen ob es funktioniert oder floppt – aber das ist seine Meinung, seine Wirklichkeit, seine Überzeugung. Die ist aber in der Regel verschieden von deiner Welt. Lass` dich hier nicht verunsichern und orientiere dich an dir und deiner eigenen Überzeugung!
So kommst du in deine Selbstbestimmung.
Könnten diese Gedankengänge für dich so Sinn machen? Wie fühlt sich das an?
Herzlich
Fernando S. Christian